Hinter den Kulissen von Charivari

Im Auto, in der Mittagspause, beim Joggen: Charivari begleitet die Menschen in Mainfranken jeden Tag. Johanna Ziegler aus dem Landkreis Main-Spessart hat sich deshalb gefragt, wie es hinter den Kulissen aussieht: Was macht so ein Moderator, wenn er nicht vorm Mikrofon steht? Woher kommen die Themen? Und wie kommt man an die O-Töne? Das hat die 21-jährige Studentin bei einem Praktikum herausgefunden und gleich selbst Erfahrungen gesammelt. Hier erzählt sie davon.
Von der Straßenumfrage bis hin zur Anmoderation – ein Tag beim Radio
Radioluft schnuppern - das klingt erst mal nach ein bisschen Technik, allerlei Musik und ganz viel Reden, doch mein Besuch im Funkhaus war weit mehr als das. Nach meiner Ankunft und einer kurzen Führung durch die Räumlichkeiten, ging es für mich zur morgendlichen Konferenz. Pünktlich um 10 Uhr versammeln sich alle Mitarbeitenden, die im Bereich Moderation und Redaktion tätig sind, um sich für eine halbe Stunde über aktuelle Themen auszutauschen, bevorstehende Veranstaltungen zu besprechen und Ideen für zukünftige Beiträge, die sendenswert sind, zu sammeln – das ist quasi die Ideenschmiede des Senders.
Beschäftigte im Bereich Moderation moderieren und widmen sich, wenn sie nicht gerade auf Sendung sind, redaktionellen Tätigkeiten, wie dem Recherchieren von Beiträgen, dem Erstellen von Umfragen und dem Finden von Themen, während Redaktionsmitglieder ausschließlich im Hintergrund beschäftigt sind. Nach der Besprechung und einem kurzen Mikrofon-Check widmete ich mich meiner Tagesaufgabe: einem kurzen Sendebeitrag über Tipps für heiße Sommertage von und für Menschen aus Mainfranken. Also Mikrofon geschnappt, raus auf die Straßen Würzburgs und einfach mal drauflos gefragt. Ich sprach ganz spontan passierende Personen an und stellt ihnen die Fragen: Was ist Ihr Lieblingsgetränk an heißen Sommertagen? Welchen Ort suchen Sie am liebsten auf, wenn es heiß ist?
Einige Menschen liefen an mir vorbei, andere waren bereit ein kurzes Interview mit mir zu führen und so stellte ich schon nach kurzer Zeit fest: Als Redakteurin braucht man Mut, Offenheit, Spontanität, Schlagfertigkeit und einen guten Umgang mit Ablehnung. Manche Gespräche dauerten zehn Sekunden, mit wiederum anderen Menschen sprach ich zwei Minuten. Mikrofon anschalten, Interviewfragen im Kopf haben und währenddessen freundlich auf das Gegenüber eingehen – ziemlich viele Dinge gleichzeitig zu tun, die etwas Routine benötigen. Besonders dankbar bin ich meiner ersten Interviewpartnerin, die, nachdem ich sie angesprochen hatte, geduldig und interessiert wartete, bis ich startklar war, ihr meine Fragen zu stellen. Zeit, die viele Menschen wahrscheinlich nicht bereit gewesen wären aufzubringen.

Die Antworten meiner Straßenumfrage waren so vielfältig wie die Menschen selbst. Von limonadenliebenden Kindern über Pärchen, die am liebsten Aperol am Mainkai trinken bis hin zu den Daheimbleibenden, die Wasser bevorzugen, war alles dabei. Manche plauderten gerne, andere hielten´s eher kurz. Herausforderung des Tages? Männergruppen zwischen 20 und 40 Jahren, die sich bereits wortlos an mir vorbeigedrängt hatten, bevor ich überhaupt meine erste Frage beenden konnte.
Nachdem ich mit etwa 20 bis 30 Menschen gesprochen hatte, machte ich mich auf den Weg zurück ins Funkhaus. Dort ging es ans Schneiden der Audiodateien. Lautstärke anpassen, Störgeräusche rausschneiden und alles auf Sendetauglichkeit prüfen. Danach formulierte ich gemeinsam mit einem Moderator meine erste eigene Anmoderation. Klingt simpel? Denkste! Denn Radiotext ist anders: kurz, klar, locker. Hier zählen leicht verständliche Sätze, denn die meisten hören Radio nebenbei. Gar nicht so einfach, wenn man sonst wissenschaftliche Hausarbeiten schreibt. Sowohl die Audiodatei mit den Interviewschnipseln der Straßenumfrage als auch die Anmoderation wurden in ein spezielles Programm hochgeladen und das Thema im aktuellen Sendewochenplan notiert, damit auch andere Moderierende sie nutzen können.
Anschließend ging es für mich ins Studio. Dort durfte ich erst einem Moderator über die Schulter schauen, der gerade auf Sendung war. Songs starten, Verkehr melden, Wetter durchgeben, Zeit im Blick behalten und Songlänge per Hand anpassen, um pünktlich zur vollen Stunde die Anmoderation der Nachrichten senden zu können. Ziemlich viel zu tun in ziemlich kurzer Zeit – ein echter Balanceakt. Viel Raum für Gespräche blieb da nicht – und gerade das hat mir zeigt, wie eng getaktet und fordernd die Arbeit eines Moderators wirklich ist. Danach ging´s für mich ins Nachbarstudio und ich durfte mich an meiner ersten eigenen Anmoderation probieren. Kopfhörer auf, Mikro an und los ging's. Gar nicht so leicht, die typische, freundliche, klare, fröhliche, energiegeladene Radiostimme zu treffen. Nachdem ich meine Anmoderation über heiße Sommertage eingesprochen hatte, folgte meine aufbereitete Straßenumfrage. Ziemlich aufregend, sein fertiges Tageswerk zu hören. Meine Radiostimme? Noch etwas zu sachlich – eher so Uni-Referat meets Wetteransage, aber der erste Schritt ist getan und die Lockerheit kommt sicher mit der Zeit und etwas Übung.
Was ich von meinem Besuch mitnehmen konnte, war ein erster Einblick davon, was den Job der Moderatorin und Redakteurin ausmacht. Es ist eine ziemlich abwechslungsreiche Tätigkeit, bei der gleichzeitig viel Know-How gefragt ist, denn eine Moderatorin schreibt, spricht, recherchiert, führt Telefoninterviews, fährt raus zu Events, schneidet Audiodateien für Sendebeiträge, liefert live im Studio ab und benötigt zugleich eine gute Menschenkenntnis. Sie ist immer nah an den Menschen, immer mitten im Geschehen und dabei bleibt die Stimmung und Atmosphäre im Team locker und entspannt.
Dankbar blicke ich auf den Tag und die Möglichkeit, einen Blick hinter die Kulissen erhalten zu haben, zurück. Überwältigt von so vielen Gesprächen, Begegnungen und Eindrücken, hatte ich am Abend viel zu verarbeiten. Ab sofort werde ich wohl bei jeder Radiosendung, die ich im Auto hören werde, an meine erste eigene Anmoderation zurückdenken und wer weiß, vielleicht war das nicht mein letztes Mal am Mikrofon.
Johanna Ziegler
Wenn Ihr auch ein Praktikum machen wollt, dann schickt Eure Bewerbung an [email protected].





